Die wenigen Wochen bis zum festgesetzten Termine vergingen schnell. Frau Anne hatte alle Hände voll zu thun, um Ilses Garderobe in Ordnung zu bringen. Die Vorsteherin der Pension hatte auf Herrn Mackets Anfrage sofort geantwortet und sich gern zu seiner Tochter Aufnahme bereit erklärt. Zugleich hatte sie ein Verzeichnis der Sachen mit[pg 14]geschickt, die jede Pensionärin bei ihrem Eintritt in das Institut mitzubringen habe.
Ilse lachte spöttisch über die, nach ihrer Meinung vielen unnützen Dinge, besonders die Hausschürzen fand sie geradezu lächerlich. Sie hatte bis dahin niemals eine solche getragen.
»Die dummen Dinger trage ich doch nicht, Mama!« sagte sie, als Frau Anne dabei war, den Koffer zu packen, »die brauchst du gar nicht einzulegen.«
»Du wirst dich doch der allgemeinen Sitte fügen müssen, mein Kind,« entgegnete die Mutter. »Warum wolltest du auch nicht? Sieh’ einmal her, diese blau und weiß gestreifte Schürze mit den gestickten Zacken ringsum, ist sie nicht ein reizender Schmuck für ein kleines Fräulein, das sich im Haushalte nützlich machen wird?«
»Ich werde mich aber im Haushalte nicht nützlich machen!« rief Ilse in ungezogenem Tone, »das fehlte noch! Ihr denkt wohl, ich soll dort in der Küche arbeiten oder die Stuben aufräumen? Die Schürzen trage ich nicht, ich will es nicht!«
»Uebertreibe nicht, Ilse,« entgegnete Frau Anne, »du weißt recht gut, daß man dergleichen nie von dir verlangen wird. Wenn du durchaus die Schürzen nicht tragen magst, so kannst du ja deinen Wunsch der Vorsteherin mitteilen, vielleicht erfüllt sie dir denselben.«
»Ich werde sie nicht erst darum fragen! Solche Dinge gehen sie gar nichts an!« war Ilses unartige Antwort.
Sie verließ die Mutter, auf welche sie einen wahren Groll hatte. All die schönen Wäsche- und Kleidungsstücke, die Frau Anne mit Liebe und Sorgfalt für sie ausgewählt hatte, fanden keine Gnade vor ihren Augen, nicht einen Funken Interesse zeigte sie dafür.
Dem Papa erklärte sie, daß sie ein kleines Köfferchen für sich selbst packen werde. Niemand solle ihr dabei helfen, niemand wissen, welche Schätze sie mit in das neue Heim hinüberführen werde.
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»Das ist eine prächtige Idee, Ilschen,« stimmte Herr Macket bei, »nimm nur mit, was dir Freude macht.«
Und er ließ sofort einen allerliebsten, kleinen Koffer kommen und überraschte seinen Liebling damit. Als Ilse ihm erfreut und dankend um den Hals fiel, als sie ihn seit längerer Zeit zum erstenmal wieder »mein kleines Pa’chen« nannte, da wurde es ihm so weich ums Herz, daß er sich abwenden mußte, um seine Rührung zu verbergen.
